22.02.2021
Gerade in Zeiten, in denen neben allen Anforderungen des Alltags die Corona-Pandemielage die Menschen beschäftigt, sind die Feuerwehren ein fester Anker der Gesellschaft. Sie halten unter allen Umständen die Einsatzbereitschaft aufrecht und sorgen flächendeckend für Sicherheit.
Gerade in Zeiten, in denen neben allen Anforderungen des Alltags die
Corona-Pandemielage die Menschen beschäftigt, sind die Feuerwehren ein
fester Anker der Gesellschaft. Sie halten unter allen Umständen die
Einsatzbereitschaft aufrecht und sorgen flächendeckend für Sicherheit.
Dies geschieht vor allem im ländlichen Raum durch freiwillige
Feuerwehrleute. Es ist ihr Ehrenamt, Feuerwehrdienst für die
Gesellschaft zu leisten.
Die Menschen, die hinter dem System stehen und es aufrechterhalten,
bedürfen einer besonderen Aufmerksamkeit. Sie sind eine besondere
Spezies, deren Gesundheitsschutz eine hohe Priorität haben muss - denn
an die Feuerwehrleute werden hohe körperliche und psychische
Anforderungen gestellt. Dabei ist es egal, ob sie ihren Dienst in einer
Großstadt oder in einer kleinen Gemeinde verrichten. Für die Gesundheit
kann im Bereich der psychosozialen Prävention viel getan werden. Wir
nehmen das Thema deshalb in den Blickpunkt.
Psyche: Außergewöhnliche Belastung nicht ausgeschlossen
Denkt
man an Anforderungen im Feuerwehrdienst, denkt man an die physische und
psychische Belastung, die bei Einsätzen und Übungen auftreten kann.
Einsatzkräfte sollten sich darüber im Klaren sein, dass diese
Anforderungen weit über die Belastungen des Alltagslebens hinausgehen
können. Eine außergewöhnliche psychische Belastung kann z.B. in Form
eines traumatischen Ereignisses, insbesondere im Einsatzdienst, nicht
ausgeschlossen werden.
Offensive Psychische Gesundheit gestartet
Die
Bundesregierung hat ebenfalls Handlungsbedarf erkannt: Im Oktober 2020
ist ein bisher einmaliges Bündnis in Deutschland an den Start gegangen:
die Offensive Psychische Gesundheit.
Ihr Ziel: gemeinsam die psychische Gesundheit in allen Bereichen der
Gesellschaft zu stärken. Initiiert von Bundesarbeitsministerium,
Gesundheitsministerium und Sozialministerium gehören neben
Unfallversicherungsträgern wie den Feuerwehr-Unfallkassen,
Krankenkassen, Rentenversicherung, Bundesagentur für Arbeit,
berufsständische Verbände sowie Bündnisse und Betroffeneneinrichtungen
im Bereich psychische Gesundheit zu den Partnern der Offensive.
Die Aktion soll einen Beitrag leisten, den offenen Umgang mit
psychischen Belastungen zu fördern – und zwar in allen Lebenswelten,
d.h. im Beruf, in Schule und Studium, im Ruhestand, im Verein genauso
wie in der Familie und im Freundeskreis. Die Offensive soll dabei
helfen, dass sich Träger und Erbringer von Präventionsleistungen und
-hilfen noch stärker vernetzen und ihre Angebote enger verzahnen und
abstimmen. Und sie möchte dazu beitragen, dass die Menschen eine bessere
Übersicht der Unterstützungs- und Hilfsangebote erhalten und diese
leichter finden und nutzen können.
Die Feuerwehr-Unfallkassen, die sich seit vielen Jahren im Themenfeld
der psychischen Gesunderhaltung von Feuerwehrangehörigen intensiv
engagieren, sind mit ihren Präventionsaktivitäten in diesem Bereich
bestens aufgestellt.
Unternehmer*in in der Pflicht
Die
Feuerwehr-Unfallkassen sind für Präventionsmaßnahmen zuständig – doch
wer trägt eigentlich die Verantwortung für die Gesunderhaltung der
Feuerwehrangehörigen?
Nach der DGUV Vorschrift 1 – Unfallverhütungsvorschrift (UVV)
„Grundsätze der Prävention“ bzw. dem Arbeitsschutzgesetz obliegt den
Städten und Gemeinden als Unternehmer*in die Verantwortung für
Sicherheit und Gesundheit der Einsatzkräfte der Feuerwehren (dazu zählen
sowohl Beschäftigte als auch ehrenamtlich tätige Personen). Dies
beinhaltet auch, arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren vorzubeugen, die
sich aus Einsätzen mit außergewöhnlichen psychischen Belastungsfaktoren
ergeben können.
Die DGUV Vorschrift 49 – UVV „Feuerwehren“ wird hier noch viel
eindeutiger: Die grundsätzliche Verantwortung der Stadt bzw. Gemeinde
für den Gesundheitsschutz regelt § 3.
Neben der Gefährdungsbeurteilung (§ 4) besteht gemäß § 8 der UVV die Pflicht zur Unterweisung der Versicherten. Hierbei sind auch die psychischen Belastungsfaktoren im Feuerwehrdienst zu berücksichtigen.
Vorbereitung ist Prävention
Die Gefahren im
Feuerwehrdienst sind vielseitig. Das nötige Wissen darüber wird bereits
in der Feuerwehr-Grundausbildung vermittelt. Der Stand der Technik
bietet mittlerweile gute Möglichkeiten zum Schutz von Einsatzkräften.
Deutlich wird dies z.B. an der Schutzkleidung heute und den
Entwicklungsschritten in den vergangenen 25 Jahren.
Doch wie sieht es mit den Risiken und Gefahren der psychischen Belastung aus?
Grundsätzlich muss die Thematik aus der Fürsorgepflicht der
Unternehmerin bzw. des Unternehmers betrachtet werden. Hierzu zählt
beispielsweise neben der Organisation der psychologischen Erstbetreuung,
auch die vollständige Dokumentation einer außergewöhnlichen psychischen
Belastung.
Vorbereitung ist alles. Auch die psychische Belastung muss in
Ausbildung und Übung in der Feuerwehr thematisiert werden. Um für
belastende Ereignisse gewappnet zu sein, gehört es dazu, sich im Vorfeld
mit den möglichen Reaktionen seines Körpers bei einer außergewöhnlichen
psychischen Belastung auseinander zu setzen. Mögliche auftretende
Symptome sollten dabei rechtzeitig erkannt und richtig eingeordnet
werden. Gegebenenfalls muss entsprechende Hilfe angefordert und
angenommen werden.
PSNV-E für die Einsatzkräfte
Die Vorsorgestrukturen in den einzelnen Ländern sind verschiedenartig aufgebaut, siehe unsere „Ansicht“. Für die Betroffenen eines Unglücks sorgt die PSNV-B (Psychosoziale Notfallversorgung Betroffene), für die Einsatzkräftedie PSNV-E.
Während die PSNV-B unmittelbar an der Einsatzstelle tätig wird und die
Einsatzkräfte unmittelbar entlastet, weil sie sich der Betroffenen
annimmt, kommt die PSNV-E während bzw. vorwiegend nach belastenden
Einsätzen zum Tragen, wenn es um die Nachbereitung des Erlebten geht.
Unterweisung in den Freiwilligen Feuerwehren
Eine
Unterweisung über psychische Belastungsfaktoren und den Umgang damit
ist ein wichtiger Baustein der Prävention zum Schutz vor Risiken und
Fehlbeanspruchungen im Feuerwehrdienst. In einer Unterweisung sollen die
Grundlagen im Zusammenhang mit möglichen belastenden Ereignissen
angesprochen, die möglichen Folgen und deren Verarbeitungsmöglichkeiten
aufgezeigt und die Hilfen im Umgang mit belastenden Ereignissen
vorgestellt werden.
Im Rahmen einer Unterweisung sollte auch besprochen
werden, wie die Möglichkeiten, die die PSNV-E bietet, im Vorfeld
informatorisch genutzt werden können. Sich mit den Strukturen im
eigenen Land bzw. Landkreis vorab vertraut zu machen, hilft im
Ernstfall. Dann kennt man idealerweise bereits die Ansprechpersonen
und die Arbeitsweise und kann sich als Feuerwehr leichter darauf
einlassen.
Gefährdungsbeurteilung: Grundlagen inklusive
Mit
Hilfe der Gefährdungsbeurteilung wird geprüft, ob in der eigenen
Feuerwehr die psychischen Belastungsfaktoren ausreichend berücksichtigt
werden und die Psychosoziale Notfallversorgung eingebunden ist. Wie so
eine Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung durchgeführt werden
kann, vermittelt eine Vorlage, die die Feuerwehr-Unfallkassen HFUK Nord,
FUK Mitte und HFUK Nord bereitgestellt haben. Zudem wurde eine Vorlage
entwickelt, die zur allgemeinen Information in der Feuerwehr über die
Ansprechpersonen der PSNV dienen kann. Hier können die Kontaktdaten der
Ansprechpersonen für die Hilfe nach belastenden Ereignissen eingetragen
und im Feuerwehrhaus für jeden sichtbar ausgehangen werden.
Die aufgeführten Materialien stehen zum Herunterladen bereit (www.hfuk-nord.de, Webcode: UHPB).
Strukturierte Nachbereitung
Eine gut organisierte und
strukturierte Einsatznachbereitung ist ein wichtiges Mittel zur
Qualitätssicherung der Arbeit der Feuerwehr. Und sie hilft vor allem
dabei, wesentliche Punkte, die den Zustand der Einsatzkräfte nach einem
Einsatz betreffen, nicht zu übersehen.
Neben der technischen
Nachbereitung (Wiederherstellung der Einsatzbereitschaft) muss die
Aufmerksamkeit der Führungskräfte vor allem darauf liegen, dass alle
den Einsatz unbeschadet überstanden haben und eventuelle Ereignisse
oder Gesundheitsschäden dokumentiert werden (Erste-Hilfe-Nachweis,
Unfallanzeige, gegebenenfalls Expositionsverzeichnis).
Bedürfnisse einer
Nachsorge sind besonders zu berücksichtigen – vom Gruppen- oder
Einzelgespräch zur Nachbereitung bis zur Hinzuziehung von Strukturen
wie der PSNV-E, die eine Nachbereitung belastender Ereignisse
professionell durchführen.
Im Falle eines Falles
Besteht infolge einer
außergewöhnlichen psychischen Belastung im Dienst die Vermutung, dass
eine behandlungsbedürftige psychische Störung aufgetreten ist, muss
die zuständige Feuerwehr-Unfallkasse eine Unfallanzeige erhalten. Die
näheren Umstände und Zusammenhänge werden dann von der FUK ermittelt
und die weiteren Schritte wie z.B. erforderliche Therapien
eingeleitet.
Die Stimmung im Team muss stimmen
Auch die Feuerwehr als
Organisation und die Einsatzkräfte selbst können einen erheblichen Teil
zur psychischen Gesunderhaltung sowie zur Prävention und Bewältigung
psychischer Belastungen im Dienst beitragen. Man kann es ganz einfach
auf den Punkt bringen: Es beginnt damit, dass die Stimmung im Team
stimmt. Ein achtsamer und fairer Umgang aller Feuerwehrangehöriger
miteinander ist die beste Voraussetzung, dass das Ehrenamt Freude bringt
und sich Menschen in ihrer Feuerwehr gut aufgehoben
fühlen.
Zwischenmenschlich kann es in jeder Organisation einmal
Konflikte geben – dies ist völlig normal. Entscheidend ist, ob die
Dinge dann auch offen und ehrlich angegangen werden.
Fakt ist:
Dauerhafter Frust, Unfrieden und Mobbing passen nicht mit Kameradschaft
zusammen und werden dazu führen, dass die Feuerwehr an Mitgliedern
verliert. Eine Entwicklung, die es unbedingt zu vermeiden gilt.
Viele
Landesfeuerwehrverbände und Landesfeuerwehrschulen bieten Seminare
und Schulungen zu den Themen Führungsverhalten, Konfliktberatung und
Streitschlichtung an.
Denkt an die Führungskräfte!
Vergessen werden
dürfen keinesfalls die Führungskräfte. In einer Organisation wie einer
Freiwilligen Feuerwehr lastet auf deren Schultern eine besondere
Verantwortung. Wehrführungen und Führungskräfte einer größeren
Ortsfeuerwehr managen quasi nebenher ein mittelständisches
Unternehmen, welches Aufgaben der öffentlichen Ordnung und Sicherheit
wahrnimmt.
Vor diesem Hintergrund sollte die Stadt bzw. Gemeinde als Trägerin der Feuerwehr die Führungsebene in den Blick nehmen und prüfen, wo Entlastung geschaffen werden kann. Dies kann z.B. durch die Verlagerung von Aufgaben vom Ehrenamt in das Hauptamt geschehen. Gerade im administrativen Bereich ergibt sich hierbei Spielraum bzw. liegt die Verantwortung gesetzesgemäß sowieso bei der Trägerin. Beispiele hierfür wären: Allgemeine Verwaltungsaufgaben, Inventur, Beschaffungswesen, Gefährdungsbeurteilung usw.
Funktionierende Strukturen schaffen Gesundheit
Die
psychische Gesundheit der Feuerwehreinsatzkräfte muss erhalten und
gestärkt werden. Die Psychosoziale Notfallversorgung ist dafür ein
wichtiger Baustein. Wer Belastendes im Feuerwehrdienst erlebt hat, für
den müssen Hilfsangebote sowie auch primäre Prävention als Fortbildung
seitens PSNV-E schnell greifbar und wirksam sein.
Damit das funktioniert, bedarf es arbeitsfähiger, nachhaltiger
Strukturen, die wir in Mecklenburg-Vorpommern auch mit Hilfe einer
koordinierenden Landeszentralstelle geschaffen haben. Dafür ziehen viele
Akteure an einem Strang, vorhandene Ressourcen werden gebündelt. Und
die Unterstützung durch unsere Feuerwehr-Unfallkasse, vor allem bei der
Qualifizierung, ist selbstverständlich.
In den vergangenen Jahren haben unsere landesweit aufgestellten Strukturen immer wieder unter Beweis gestellt, dass das System der Hilfe für Helfer flächendeckend funktioniert. In den Köpfen muss das Thema dennoch weiter Einzug halten. Führungskräfte und Mannschaften müssen für unsere Angebote weiter sensibilisiert werden, damit sie diese auch nutzen und den Nutzen für ihre psychische Gesunderhaltung daraus ziehen. Das SbE-Team Mecklenburg-Vorpommern und ich stehen bereit.
Hanseatische Feuerwehr-Unfallkasse Nord (HFUK Nord)
Kontakt und Ansprechpersonen
Email: info@hfuk-nord.de
Zentrale Postadresse: Hanseatische Feuerwehr-Unfallkasse Nord
Bertha-von-Suttner-Straße 5
19061 Schwerin
Institutionskennzeichen: 121 390 059